Murks Music Tornado

Produktbild Fernsehwerbung wirkt bei niemandem so gut wie bei Kindern. So wollte auch mein Sohn sofort das vom Langnese-Löwen angepriesene Eis »Max Music Tornado« haben. Ein blaugelber Strudel aus Vanilleeis und Zuckerwattegeschmack – und der Stiel ist eine Pfeife! Welches Kind kann sich da schon zurückhalten?

Im örtlichen Rewe sind wir dann schließlich fündig geworden — und das Kind glücklich, zunächst jedenfalls: Leider schmälerte die Erscheinung des ausgepackten Eislollys die User Experience des Sechsjährigen: »Da ist ja gar kein Grün!«

Richtig: Werbespot, Verpackung, Produktabbildung im Internet — alles deutet auf eine grüne Ummantelung hin, die das ausgepackte Eis nicht hat. Statt knackiger Kruste á la Magnum einfach nur der blaugelbe Strudel, am Rand leicht angetaut und neu gefroren:

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Mit Werbung und Produktverpackungen werden Erwartungen geweckt. Werden die nicht erfüllt, ist das Benutzererlebnis futsch.

Auch wenn Amazon offiziell keine aktuellen Zahlen rausrückt – Ihr könnt davon ausgehen, dass falsche Produktabbildungen dort oft der Grund für Rücksendungen sind. Und zwar nicht nur, wenn das völlig falsche Produkt abgebildet war: Auch, wenn das Bild vom korrekten Artikel dem Käufer etwas suggerierte, was das gelieferte Produkt nicht hielt. Selbst wenn der Gebrauchswert des Produktes objektiv nicht leidet, sind die Kunden irritiert. So werden beispielsweise auch Bücher zurückgeschickt, weil die Farben auf dem Cover nicht so kräftig waren wie auf der Webseite. Ganz zu schweigen von den rechtlichen Konsequenzen, die falsche Produktabbildungen haben können …

Zurück zum Eis: Der Junior ist also einigermaßen enttäuscht, und ich frage bei Langnese nach, ob die Ummantelung da vielleicht vergessen wurde. Hier die Antwort:

»Beim Langnese Music Tornado wird keine grüne Farbe verwendet. Der Farbeffekt kommt dadurch zustande, dass das gelbe Eis leicht durch die blaue Ummantelung durchscheint. Möglicherweise ist die blaue Ummantelung zu dick oder zu dünn gewesen, so dass es nicht zu einem grünen Farbeffekt kommen konnte. Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen.«

Die Sache mit dem »Farbeffekt« erscheint mir ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Natürlich hat mein Sohn inzwischen mehrere Music Tornados verspeist (»Hurra, jetzt habe ich auch eine gelbe Pfeife!«). Nicht ein Eis hatte den beschriebenen Grünschimmer, hervorgerufen durch gelbe Eiskrem, die durch eine blaue Schicht scheint.

Eigentlich hatten alle Exemplare außen eine blaue Schicht und es scheint mir physikalisch sehr unwahrscheinlich, dass sich der Effekt jemals einstellen könnte.

Und selbst wenn: Nie im Leben kommt so eine Oberflächenbeschaffenheit zustande, die die Produktabbildung suggeriert: Glatt und knackig sieht es auf dem Bild aus.

Unilevers Kundennähe ist nur ein Lippenbekenntnis, wenn der »Konsumentenservice« so lapidar auf Anfragen reagiert. Denn viel wahrscheinlicher als die kreative Antwort ist es, dass es aus produktionstechnischen Gründen eine kurzfristige Änderung gab. Oder aber die Verpackung wurde von jemandem freigegeben, der das Produkt nicht vor Augen hatte.

Nicht erst seit Falling Down weiß jeder, dass Abbildungen nicht unbedingt dem entsprechen, was man bekommt. Doch dieses Beispiel macht deutlich: Das Nutzererlebnis fängt auch beim Eis nicht erst beim Essen an.

Langnese tut gut daran, das Bild auf den Verpackungen dem Produkt anzugleichen. Ich habe das mal eben versucht:

Max Music Tornado – Alternative Verpackung

Ach ja: Wem ein »Max Music Tornado« über den Weg läuft, bei dem durchschimmerndes Blau eine grüne Ummantelung entstehen lässt — bitte schickt mir ein Bild zu … Bin sehr gespannt.

Originalproduktabbildungen und Website-Screenshot © Unilever Deutschland GmbH

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