Ramsch und kein Respekt

d5300Neulich bin ich auf diese Printanzeige für die Nikon D5300 gestoßen, und ich brauchte eine Weile, um herauszufinden, was denn eigentlich das Ziel der Kampagne sein soll. Als ich es endlich hatte, stand für mich fest: Hier hat die Marketingabteilung nicht nur zu viele Prioritäten gesetzt, sondern auch noch eine falsche.

Nikon-Original

Eine mit vielen Elementen zugepflasterte Anzeige, die nicht nur die Fotografie zur Nebensache werden lässt, sondern auch das Produkt, das eigentlich beworben werden sollte.

Das Meeting, in dem diese Anzeige geplant wurde, mag so abgelaufen sein:

„Was genau wollen wir bewerben?“
„Die D5300.“
„Ja, aber welche Funktion heben wir hervor?“
„Das GPS und die WLAN-Anbindung.“
„Wie kriegen wir das in die I-Am-Box?“
„Hmm, mal überlegen … Die Zielgruppe sind kreative Leute, die viel unterwegs sind und ihre Fotos so toll finden, dass sie sie sofort teilen wollen? Wie wär’s mit „I am shared creativity“?“
„Genial. Aber schnallen die dann, dass es um die WLAN-Anbindung geht?“
„Das können wir ja erklärend direkt drunterschreiben …“
„Könnten wir machen.“
„Aber ist WLAN wirklich das Wichtigste für die Leute? Ich finde, die GPS-Funktion ist der Bringer: Kein nachträgliches Vertaggen mehr mit Ortsangaben. Die Leute sparen Stunden, wenn sie ihre Bilder auf Flickr hochladen …“
„Mag sein, aber das ist schwer zu erklären. Dafür finden wir keine zwei Wörter für die I-Am-Box. Und Orte vertaggen ist nicht so sexy Social Media wie Sharen.“
„Ich finde, wir sollten noch mal nachdenken. Wer GPS in einer Canon-SLR haben will, muss fast dreimal mehr ausgeben, weil die nur eine Vollformat im Angebot haben!“
„Wir schreiben es ja mit hin! Können wir jetzt weiter machen?“
„Ja, das Summer-of-Inspiration-Logo muss auch mit drauf. Dafür hat die Agentur viel Geld bekommen!“
„Haben wir schon Testsieger-Logos? Da fahren Kunden doch drauf ab …“
„Ja, zwei können wir zeigen.“
„Super.“
„Und Sales will, dass wir auch die Objektiv-Cashback-Kampagne mit aufnehmen.“
„Macht Sinn. Könnte mit ein Kaufanstoß sein. Wer kümmert sich um das Motiv?“
„Ich schau wieder bei Getty.“
„Alles klar. Morgen dann die Entwürfe. Und nicht vergessen: Legal meint, wir sollen mit reinschreiben, dass das Sharen über WLAN nur mit der App funktioniert!“

So könnte es ungefähr gewesen sein. In meinen Augen der Hauptfehler: Nikon hätte tatsächlich gut daran getan, die GPS-Funktion mehr herauszustellen, um sich vom ewigen Konkurrenten Canon abzuheben. Denn bisher bietet der tatsächlich kein GPS in einer APS-C-Spiegelreflex, sondern nur in der EOS 6D.

Neben diesem Hauptfehler gibt es noch ein paar kleinere Schnitzer:

Nikon-Original-legende

  1. Die Modellbezeichnung steht im oberen linken Eck, weit weg von der Abbildung des eigentlichen Produktes. Es darf bezweifelt werden, dass alle in der Zielgruppe sofort die Verbindung herstellen. Der Zweck, den dieses Element erfüllen soll, ist fraglich.
  2. Die armselige Erklärung zum vermeintlich wichtigsten Kaufargument mitten ins Hauptmotiv genagelt – das wirkt billig und respektlos gegenüber dem Foto. Ein so traditionsreiches Haus wie Nikon, dessen Reputation auf vielen emotionalen Bildern beruht, erarbeitet von vielen kreativen Fotografen im Laufe der Jahrzehnte, sollte etwas mehr Ehrfurcht gegenüber einem fotografischen Motiv walten lassen. Zumal die nüchterne Erklärung auch noch im Widerspruch zur emotionalen „I am …“-Rahmenkampagne steht.
  3. Die Test-Logos zur Verkaufsförderung stehen ebenfalls zu weit weg von dem Produkt, auf das sie sich beziehen – es sei denn, Nikon will nebenbei darauf aufmerksam machen, dass thailändische Bananen zu den besten der Welt gehören.
  4. Schädlich ist auch das „Cashback“-Logo: Es verwässert nicht nicht nur die Kommunikation des Produktes, weil es fast halb so groß ist wie die Kamera, sondern schreit nach „Ramsch“ und „Wir wollen unbedingt verkaufen!“.
  5. Ungefähr genauso groß wie die Abbildung des Hauptprodukts ist das Logo „Summer of Inspiration“. Dieses sagt dem potenziellen Kunden absolut gar nichts. Und selbst wenn er mitbekommen hat, dass das nur eine andere Bezeichnung für die Cashback-Aktion von Nikon ist, erfüllt es keinen anderen Zweck als Aufmerksamkeit vom Produkt abzulenken.

Alles in allem ein klassisches Beispiel dafür, wie einem der Fokus entgleiten kann. Fehlt nur noch, dass das Bild von Aaron Foster gar nicht mit einer Nikon gemacht wurde. Hoffentlich hat der Marketingmensch, der es bei Getty Images eingekauft hat, sich vorher davon überzeugt:

gettyimages-nikon

Da wir auch hier nicht nur meckern, sondern selbst ein bisschen nachdenken wollen, hier mein Vorschlag für die Kampagne – reduziert um alle überflüssigen Elemente, mit Respekt für die Fotografie und dem wichtigsten Feature im Mittelpunkt:

Nikon-better

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